Viktor Orbán und seine Regierungspartei stimmte gegen die Aufdeckung der Vergangenheit des kommunistischen Staatsicherheitsdienstes - 29. Februar 2012., Budapest

Während einen Tag vorher in Deutschland Staatspräsident jener Joachim Gauck wurde, dessen zentrales Anliegen die Öffnung der Akten des ehemaligen Staatssicherheitsdienstes der DDR war, hat die durch Ministerpräsident Viktor Orbán geführte regierungstreue Mehrheit im ungarischen Parlament am 20. Februar ohne wirkliche Begründung den Vorschlag der Opposition zurückgewiesen, die Öffnung der Akten der ehemaligen ungarischen Staatssicherheitsdienstes zu verwirklichen und den Zugang der Betroffenen zu den Informationen zu sichern.

Fünf tage nachher, am 25. Februar, am Gedenktag der Opfer des Kommunismus war der ungarische Ministerpräsident fähig darüber zu reden, die Erinnerung an die Opfer sollte Teil der ungarischen Öffentlichkeit werden.

In Wirklichkeit ist Ungarn unter den ehemaligen Ostblockstaaten das einzige Land, wo sich das Parlament über den freien Zugang zu den Akten des ehemaligen Staatssicherheitsdienstes nicht entschlossen hat. Ein Teil der Akten wurde vernichtet oder gestohlen, ein Teil wird durch den heutigen Sicherheitsdienst der Öffentlichkeit vorenthalten. Ca. 70 % der Akten befinden sich im Historischen Archiv der Staatssicherheitdienste Ungarns, wo sie nur unter verschiedenen Beschränkungen zugänglich sind. 30 % der Akten sind vor der Öffentlichkeit versperrt in den Händen des heutigen Sicherheitsdienstes, der als Rechtsnachfolger der ehemaligen Staatsicherheitsdienstes gilt. Die Kommissionen für die Überprüfung der zurückgehaltenen Akten bekamen weder im Jahr 1995 noch im Jahr 2007/2008 die Möglichkeit, die Zahl bestimmter Agenten und ihre Dossiers festzustellen.

Die überwiegende Mehrheit der ehemaligen Agenten und ihrer Offiziere kann nicht identifiziert werden, obwohl die Magnetbänder lesbar zur Verfügung stehen, auf denen ihre Daten festgehalten sind.

Die Fidesz-Partei bedient sich auch heute mit antikommunistischen Parolen. Im Jahr 2005 verkündigte sie, dass „es eine moralische Pflicht der regierenden Parteien ist, das ehemalige Unterdrückungsapparat in seiner Gesamtheit und auch detailliert für die Öffentlichkeit zu Präsentieren. Wenn die jüngeren Generationen die Wahrheit über diese Vergangenheit nicht kennen lernt, kann kein Vertrauen begründet und kann keine pluralistische Demokratie aufgebaut werden,… ohne diesen Prozess gibt es keine ungarische Nation, die eine moralische Anerkennung unter den freien europäischen Völkern verdient.” Nun verwarfen die 171 Abgeordneten der regierenden Partei den Antrag, den öffentlichen Zugang zu den Akten der ehemaligen Staatssicherheitsdiensten zu verwirklichen.

Für die ungarische und somit für die Öffentlichkeit der EU wird dadurch offensichtlich, das in Ungarn Viktor Orbán samt seiner Regierung Bewahrer der Erbschaft der staatsozialistischen Diktatur wurden. Sie versperren ein Teil der Geheimakten vor der Öffentlichkeit, um jene unter seinen Getreuen zu schützen, die eins als Spitzel oder als Funktionäre der ehemaligen Staatspartei ihre Handlangerdienste leisteten.

 

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